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Lang, lang ist’s her... Die Gründung der AVWM


von Detlef Koschny, Roland Egger, und Franz Hauswirth


Einleitung

Am 18. Juli 1998 feierte die AVWM ihren 20. Geburtstag. Tatsächlich wurde sie bereits im April 20 Jahre alt. Aber egal, Jahr ist Jahr… Weil doch die meisten momentanen AVWM–Mitglieder nicht seit Anfang an dabei sind, sei hier ein kurzer Rückblick gegeben wie die AVWM entstand und sich entwickelte - aus Sicht der drei Gründer der AVWM. Eine eher sachliche Zusammenstellung der AVWM–Historie mit Jahres– und Monatsangaben findet sich bereits in Ganymed Ausgabe 1/1997 im Artikel "Vereinsgeschichte und Ideen zur Renovierung". Hier sei eine mehr emotionelle Einteilung gegeben.

Um die Entwicklung der AVWM übersichtlich darzustellen, haben wir sie in mehrere Phasen aufgeteilt.

Die Gründerphase

Warum also wurde die AVWM überhaupt gegründet? Als am weitesten zurückgehende Erinnerung fiel uns ein Vortrag von Hans–Georg Schmidt von der Volkssternwarte München (VSW) über Meteorbeobachtung ein. In meinen alten Programmheften der VSW finde ich einen Vortrag am 26.9.75, "Fünf Jahre Perseidenjagd". Laut Programmheft "…berichtet [Hans–Georg] über die [...] gesammelten Aufzeichnungen und Beobachtungsergebnisse und erzählt von den vielfachen Erlebnissen und ‘Abenteuern’, die mit solchen Beobachtungsnächten verbunden sind." Nach dem Vortrag hatten wir noch lange Diskussionen mit Hans–Georg, der uns ermunterte doch auch mal das "Schnuppenspechteln" auszuprobieren.

Man beachte, daß Hans–Georg seither der AVWM verbunden ist, seine Frau Irmi bereits seit vielen Jahren Mitglied ist und er selber bei der letzten Jahreshauptversammlung auch Mitglied wurde - wen die AVWM einmal gepackt hat, den läßt sie nimmer los!

Zurück zu unseren Schnuppenspechtelversuchen. Im August 1977 war es endlich soweit. Zu dem üblichen Sommerurlaub von Laffy bei seiner Oma in Niederbayern gesellten sich Roland und Hausi, die mit dem Fahrrad eine Tour von Olching nach Pfarrkirchen machten. Auf dem Dreikreuzlsberg, ca. 15 Minuten mit dem Fahrrad von Omas Haus entfernt und etwas außerhalb des Ortes machten wir die ersten gemeinsamen Sternschnuppenbeobachtungen. Unheimlich war’s - Nebelschwaden zogen um den Berg, die drei Kreuze ragten düster in den Himmel, der Wind pfiff in dem einsamen Baum auf dem Berg. Ein geheimnisvoller Dunkelstrahl durchdrang den Nebel wie ein Autoscheinwerfer, nur eben mit dem Unterschied, daß er dunkel war…

Insgesamt waren wir vom 11.8. bis 16.8. vier Nächte draußen und sahen 109 Meteore. Das sind nicht viele - anfangs störte der Nebel, später die Müdigkeit. Außerdem zeichneten wir jede Schnuppe akribisch in (noch nicht gnomonische) Sternkarten ein und übertrugen sie tags darauf in große, von Hand durchgepauste Karten des gesamten Himmels ein. Höhepunkt der Beobachtung war ein Bolid am 16. August um 00:56 Uhr, dessen Helligkeit wir mit -8 mag angaben. Der wurde übrigens auch von dem Team der Volkssternwarte vom Wildalpjoch aus gesehen und wir konnten durch Vergleich der Positionen feststellen, daß er irgendwo knapp südlich der Verbindungslinie Freising–Landshut aufleuchtete.

Die drei Gründer der AVWM: Roland Egger, Franz Hauswirth, Detlef (Laffy) Koschny (v.l.n.r. - oder war’s v.r.n.l.?) auf dem Dreikreuzlsberg bei Pfarrkirchen/Ndb.

In irgendeiner dieser Nächte beschlossen wir, einen eigenen Verein zu gründen. Warum? Da gehen die Erinnerungen auseinander. Laffy meinte, daß der Grund war, "nicht immer quer durch München zur VSW fahren zu müssen". Roland sagte: "Was die können, können wir auch". Wie auch immer, jedenfalls war die Geburtsstunde der AVWM irgendwann in einer der Nächte vom 11. bis 16. August 1977.

Danach ging es an die Verwaltungsarbeit. Ein Name war schnell gefunden - AVWM, die Astronomische Vereinigung West–München - im Gegensatz zur VSW im Osten, aber eigentlich von Anfang an nie mit der Ambition, eine eigene Volkssternwarte zu gründen. Alles was wir wollten, war die Möglichkeit sich mit Gleichgesinnten zu treffen und Vorträge zu hören sowie gemeinsam Veranstaltungen zu besuchen. Willi Renovanz machte einen Entwurf für unseren Vereinsstempel, den bekannten Quadranten, durch den ein Fernrohr ragt. Der wurde in Puchheim für DM 40,- - die erste Ausgabe der AVWM – hergestellt.

Unsere Eltern unterstützten uns sehr und sammelten Informationen darüber, was man eigentlich tun muß um ein Verein zu werden. Eine Eintragung im Vereinsregister wäre teuer gewesen, und die Vorteile waren uns nicht klar. So folgten wir dem Rat des Amtsgerichtes und verzichteten darauf - es reiche aus, wenn man eine Satzung habe, einen Vorstand, mindestens sieben Mitglieder, sowie regelmäßige Versammlungen mindestens einmal im Jahr.

Roland machte sich an die Aufgabe, eine Satzung zu schreiben. Die schaut auch heute noch der von der Volkssternwarte sehr ähnlich… Die sieben Leute fanden wir an unserer Schule, dem Gymnasium Olching. Dort unterstützte uns auch Dr. Michael Gumtau, ein Geologielehrer, der zum Geschäftsführer ernannt wurde, damit wir einen Erwachsenen im Vorstand hatten - wir anderen waren ja alle noch nicht volljährig. Tatsächlich waren bei der Gründungsversammlung am 28. April 1978 dann sogar 14 Personen (siehe dazu die Ganymed 1/1978 - wen’s genau interessiert, der soll mal im Vereinsarchiv stöbern, da müßte es eigentlich noch das Gründungsprotokoll geben). Im Vorstand waren Detlef Koschny (1. Vorsitzender), Roland Egger (2. Vorsitzender), Michael Gumtau (Geschäftsführer), Heinz Drittenpreis (Schriftführer), Günter Maier (Kassenwart).

Die Aufbauphase

Was unternahmen wir nun zusammen? Erst mal wurden einige "Arbeitsgruppen" gegründet und ein Name für eine Vereinszeitschrift gesucht. Nach vielem Hin und Her (z.B. "Coma") einigten wir uns dann auf "Ganymed". Die erste Ausgabe erschien am 29.6.1978 mit Berichten wie "Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft der Raketentechnik", einer Vorstellung des "AVWM–Rechenzentrums" (das aus einem programmierbaren Taschenrechner von Quelle, Typ PR 57 N bestand), einer Anleitung zur Sonnenbeobachtung und natürlich einem Bericht von einer Meteorbeobachtung vom Mai 1978.

Die Meteorbeobachtung wurde ein immer wiederkehrendes Thema - nachdem wir keine feste Sternwarte hatten, war die Beobachtung des Himmels ohne Fernrohr eines unserer beliebtesten Hobbys. Aber wir besuchten auch gemeinsam Vorträge an der Technischen Universität in München, der VSW, oder gingen zusammen ins Kino. Der "Grüne Baum" in Gröbenzell wurde zu unserem Vereinslokal erkoren. Eine schlechte Wahl allerdings - Laffy entsinnt sich nur an eine Veranstaltung, als wir einen ausgeliehenen Film anschauen wollten, unser Nebenzimmer aber nur durch eine dünne Schiebe–Falttür vom grölenden Kneipenlärm abgeschirmt war und wir nicht genug Bier tranken um die Kneipenbesitzer glücklich zu machen…

Aus dem Rundschreiben der AVWM, 22.11.78, Einladung zum gemeinsamen Vereinsabend am 14.12.78 im Grünen Baum in Gröbenzell.

Andere Stichpunkte, die uns zur Aufbauphase einfielen: Ausflüge in Planetarien, Meteorbeobachtungen zwischen den Bahndämmen hinter Gröbenzell, Beobachtungscamps bei Koschnys und Stuts, der "Mikrofonkollektor", die Schnumi – ein Gerät zum Abspeichern der Uhrzeit auf einen Kassettenrekorder… Wir knüpften auch Kontakte zu anderen Vereinen und vereinbarten den Austausch der Zeitschriften.

Die Vereinsmeierphase

(auch: Die Bergphase) Wie für einen richtigen Verein nötig, trafen wir uns einmal im Jahr zur Jahreshauptversammlung. Mehr regelmäßige Treffen gab es in der Aufbauphase aber nicht - uns schreckte wohl auch das Ambiente eines Nebenraumes einer Kneipe ab… Ein wichtiger Schritt in Richtung solcher Treffen war dann im Jahr 1979/80 der Ausbau eines Raumes im Egger’schen Keller zum Partyraum. Er bekam eine Theke und eine alte Couchgarnitur und eignete sich nicht nur zum Feste feiern, sondern auch als regelmäßiger Vereinstreffpunkt. Die ersten regelmäßigen Treffen waren die "AG Himmelsmechanik", geleitet von einem Lehrer des Gymnasiums Olching, Herrn Schlenker. Man traf sich regelmäßig einmal im Monat, um z.B. die Rechenaufgaben aus der Zeitschrift "Sterne und Weltraum" zu rechnen. Es werden regelmäßige Vortragsveranstaltungen, später auch die berühmt–berüchtigten "AVWM–Seminare" geschaffen, bei denen die Kreativität eines jeden gefragt ist.

Mehr Details zu dieser Phase finden sich in oben bereits zitiertem Ganymedartikel in der Ganymed 1/1997. Hier nur ganz kurz zur Erinnerung: Bilderfahrten, später die Radlrallye; Beobachtungsexkursionen in die Berge, einmal im Jahr für ca. 1 Woche; die Einführung des AVWM–Vereinswurmes und die T– und Sweatshirts; Beobachtungsinitiativen… So ist also der Ausdruck "Vereinsmeierphase" auch keineswegs negativ gemeint, vielmehr soll er zum Ausdruck bringen, daß wir die für einen Verein typischen regelmäßigen Aktivitäten entwickelt haben, die seine Identität ausmachen.

Wie überall, ziehen sich aktive Mitglieder absichtlich oder gezwungenermaßen aus dem Vereinsleben zurück. Schon beim Beginn des Studiums blieben nicht alle in München, sondern begannen ihre Ausbildung weiter weg. Gerade in dieser Zeit aber bekamen wir "Olchinger" über Martin Gutsche und Bruno Wagner Kontakt mit der Schulsternwarte Germering am Max–Born–Gymnasium (MBG). Dort gab es, im Gegensatz zu Olching, regelmäßige Astronomiekurse (in Olching hatten wir nur einen Kurs, der im wesentlichen aus den früheren AVWM–Gründern bestand und vom Mitglied Michael Gumtau geleitet wurde). Die Sternwarte am MBG erlebte einen großen Aufschwung durch den Aufbau des 16"-Meade-Fernrohrs. Schnell kam es zu einer produktiven Zusammenarbeit, und die AVWM rekrutierte jedes Jahr ein oder zwei neue Jungmitglieder aus Abiturienten des MBG. Neben den "Gründern" aus Olching gab es nun auch einige andere, die zu den Treibern des Vereins wurden. Martin und Bruno machten den Anfang aus Germering, denen dann viele jüngere folgten – Sandra, Andi, Robert, Thomas… Natürlich stießen auch Nicht–Germeringer zur AVWM, wie z.B. Manfred Pfeiffer aus Gröbenzell, der das Amt des Kassenwartes im Mai 1995 von Marianne Koschny übernahm.

Von den Dreien vom Dreikreuzlsberg hatte Hausi sich als erstes aus dem aktiven Vereinsleben zurückgezogen. Laffy verließ mit Familie im September 1994 die Münchener Gegend. Da Roland sein Haus umbauen wollte, konnte sich die AVWM dort nicht mehr treffen, und auch Roland gehört heute nicht mehr zu den Aktiven (von sporadischem Gewinnen der AVWM–Radlrallye einmal abgesehen…). Über die aktuelle Entwicklung des Vereines können wir also eigentlich gar nicht mehr kompetent urteilen. Trotzdem, der Vollständigkeit halber, geben wir nachfolgend noch unser Bild wieder.

Die "neue Ära" der AVWM

Dieser Begriff fiel zum ersten Mal im Bericht der Jahreshauptversammlung am 12.5.95, nachzulesen in der Ganymed 2/1996. Nicht nur gibt Laffy den Posten des ersten Vorsitzenden an Bruno Wagner ab, den dieser als zweiter Vorsitzender schon seit Laffys Umzug kommissarisch innehatte. Ebenso übergibt Marianne Koschny den Posten des Kassenwartes an Manfred Pfeiffer. So sind nun alle von der ersten Generation abgetreten - obwohl natürlich Bruno und Andrea auch schon viele Jahre dabei sind und der Übergang daher fließend ist (der Vollständigkeit halber: Andrea Friebel wird zweite Vorsitzende, Schriftführerin wird Felicitas Mokler).

Trotzdem sollte nicht alles beim Alten bleiben. Im Laufe des Jahres 1996 konkretisierten sich die Wünsche, etwas zu ändern. Die Resonanz bei manchen Veranstaltungen, insbesondere der Seminare, ging auf Null - zum einen die der Zuhörer, aber auch die der Referenten. Es gingen schlicht die Ideen aus. Auch mußte die Raumfrage geklärt werden, da der Egger’sche Keller nicht mehr zur Verfügung stand. Und immer wieder kam der Wunsch nach mehr Beobachtungspraxis und nicht so viel Theorie.

In der Ganymed 3/1996 gab es dann eine "Einladung zur Renovierung". Anfang 1997 fand dazu ein Treffen bei Bruno und Claudia Wagner in Windach statt. Das Resultat ist in der Ganymed 1/1997 nachzulesen, siehe "Neues im Verein". Die Mittwochsvorträge finden weiterhin regelmäßig - nun bei Manfred Pfeiffer - statt, aber mit Zeitlimit, um die Anwesenden nicht schon unter der Woche um zuviel Schlaf zu bringen. Den dritten Freitag im Monat trifft man sich zum Beobachten oder dessen Vor– oder Nachbereitung bei den Wagners, wo es ja auch gute Beobachtungsbedingungen gibt.

So ist die AVWM jetzt wieder ein Verein, dessen Charakter voll durch die momentanen Mitglieder geprägt wird. Und so muß das ja auch sein! Wir wünschen der AVWM daher weitere 20 Jahre voller Diskussionen, Vorträgen, Ausflügen; und vor allem, daß es immer neue jüngere oder ältere Mitglieder gibt, die bereit sind, den Verein voranzutreiben!